Freiräume und Linienspiel
Freiräume und Linienspiel
Wenn im Bild zwischen kräftige Farbflächen weiss oder hell gehaltene Partien auftauchen, empfinden wir, - meist unhinterfragt, -
diese als offene, noch unbedeckte, freie Räume, als wäre noch „nichts da“. Dunkel oder farbig gehaltene Partien oder Flächen machen auf uns meist den Eindruck bereits gefüllter Bildteile: da „ist bereits etwas“.
Abgesehen davon, dass dieses Erleben bemerkenswert ist, können wir es für das künstlerische Arbeiten fruchtbar machen, z.B. indem wir in einem ersten Schritt einer Bildentwicklung ein angenehmes oder spannendes Verhältnis zwischen farbig-gefüllter und weisslich-offener Flächen suchen.
Die offene Partie bietet in einem zweiten Schritt Raum für die offen lassende, bewegte Linie, die zwischen Farbe und Helligkeit schwingen, mäandrieren oder hin- und herschaukeln kann und so einen Bezug zwischen beiden Partien herstellt.
Auch weitere Verhältnisse können so im Bild „anschaubar“ und erlebbar gemacht werden z.B. durch Linien, die sich in das ganze Format hinein-erstrecken und Brücken bilden zwischen oben-unten und links-rechts.
Im Gegensatz und als Ausgleich dazu können einzelne Bild-Orte durch sich schliessende Linien betont werden und wiederum dazu können parallel verlaufende Linien etwas „strömendes“ in das Bildganze hineinbringen.
Auch Linien, die durch Übermalung ein stückweit in den Bildgrund zurückgeschoben werden, beeinflussen, fast unbemerkt, den
Gesamtcharakter des Bildes mit. Sie beleben die hellen Räume und erzeugen Tiefe.
Spannend wird es, wenn durch den Einsatz von flüssiger Farbe Transparenzen erzeugt werden, die den farbigen Flächen ebenfalls Tiefe verleihen. Durch Übermalungen können auch die Flächen zurückgenommen oder verstärkt werden.
So kann ein Zusammenspiel unterschiedlicher Linien mit unterschiedlich farbigen Flächen entstehen, und ein Bildcharakter, der weder nur auf Flächigem, noch nur auf Linearem beruht, sondern zwischen beiden Polen im Erleben entsteht.
Im Kursverlauf werden Skizzen, Versuche und Experimente auf Papier, z.B. um das weite Feld möglicher Linienverläufe zu erkunden oder um das Entstehen neuer Farbtöne beim übermalen von Flächen zu erproben, einen wichtigen Platz einnehmen. Sie bilden quasi das Sprungbrett zur Arbeit auf der Leinwand. Dort kommt die Acryltechnik mit Binder, Pigmente und farbige Tusche dann auch erst richtig zur Geltung.